Ein Auszug aus der Chronik „Delmsen – Geschichte und Geschichten – Festschrift zum 100-Jährigen Bestehen des Schützenverein Delmsen von 1898 e.V.“

Den Delmser Bürgern des letzten Neubaugebietes dürfte die Existenz der Wasserversorgungsanlage Delmsen e.V. kaum bekannt sein – sie werden vom Wasserversorgungsverband Rotenburg mit Trinkwasser versorgt. Wasser wurde im Sommer 1959, der außergewöhnlich trocken und heiß war. wie auch in vielen anderen Orten unserer Umgebung, sehr knapp. Presseschiagzeilen fragten zu dieser Zeit: „Wird Europa eine Wüste?“

Viele der bisher genutzten Hausbrunnen versiegten. Am härtesten betroffen waren einige Landwirte, die größere Wassermengen für ihr Vieh benötigten. Als besonders ergiebig zeigten sich allerdings die Brunnen auf dem Harmshof und auf dem Johanneshof. Selbst aus Ilhorn ließen Landwirte hier Wasser in Behältnisse von 1.000 bis 2.000 Liter Wasser füllen, um ihr Vieh zu versorgen. Die Pumpen standen kaum still.

Aus der Not heraus wurde am 2.10.1959 die Wasserversorgungsanlage für die Gemeinde Delmsen e.V. gegründet, am 13.10.1959 die Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht Soltau beantragt, in der Einladung zur Gründungsversammlung heißt es unter anderen: Durch Unterschrift haben sich inzwischen 33 Interessenten für die zentrale Wasserversorgungsanlage entschieden, weitere 7 ihre Beteiligung an dem Vorhaben mündlich zugesagt, so daß mit rund 40 Anschlußwilligen gerechnet werden kann, wodurch sich die Kosten für die Anlage für den Einzelnen wesentlich ennäßigen worden. Am Freitag, dem 2. Oktober 1959, wird nunmehr um 20.00 Uhr in der Bahnhofsgaststälte Wilm eine Gemeinderatssitzung stattfinden, auf der folgendes beraten und beschlossen werden soll:

1. Zusammenschluß der Interessenten in einem Verein

2. Auftragserteilung für die Brunnen-Bohrarbeiten

3, Finanzierung der Kosten

In mühseliger Handarbeit wurde nach Wasser gebohrt.

Die beschlossene Satzung sah die Gemeinnützigkeit mit der Aufgabe vor, eine Wasserversorgungsanlage zu bauen und zu unterhalten.

Zum 1 – Vorsitzenden wählte die Versammlung den Sattlermeister Hartwig Pröhl, zu seinen Stellvertretern den Tierarzt Dr.med.vet. Werner Priepke und den Kaufmann Gustav Eilrich. Hans-Wilhelm Lüdeniann. der 1971 nach dem Tode Pröhls den Vorsitz übernahm, wurde zu dieser Zeit schon als Schriftführer für den Verein tätig. Otto von Wieding übernahm viele Jahre das Zähler-Ablesen sowie das Kassieren der Wassergelder und führte außerdem bis 1969 die Kasse. Seit 1971 zeichnet Hilde Dehnbostel für die Kasse verantwortlich. 2. Vorsitzender ist derzeit Manfred Tödter, Schriftführer Franz Clemenz.

Paragraph 6 der Gründungssatzung sah vor, daß die Kosten der Anlage von allen Mitgliedern zu gleichen Teilen zu tragen sind und zwar gerechnet bis zur Wasseruhr im Haus des Mitgliedes. Daraus ergab sich letztendlich auch, daß alle Anschlußnehmer 75 Meter Graben auszuschachten und zusätzlich drei Tage Arbeitsleistung zu erbringen hatten. Die Grundstücksgröße, tatsächliche Straßenfront oder gar Länge von der Hauptleitung bis ins Haus spielte dabei keine Rolle.

Am 5. Februar I960 konnte die Anlage eingeweiht werden. Die baren Kosten für die Mitglieder betrugen gut 50.000 DM. Jeder Anschlußnehmer wurde mit 850 DM zur Kasse gebeten. Der Verein nahm außerdem einen Kredit in Höhe von 9.800 DM auf, der mit den laufenden Wassergeldern abgetragen wurde. Zusätzliche Kosten in Höhe von 14.900 DM entstanden durch grödere Rohrquerschnitte, Hydranten usw. fü die Sicherstellung der Löschwasserversorgung in der Gemeinde Delmsen. Diese Kosten erstattete die Gemeinde in voller Höhe; auch sie nahm dafür einen Kredit auf.

Einem Bericht des äußerst rührigen Vorsitzenden Hartwig Pröhl vom 10.1.1961 an die Bezirksregierung Lüneburg ist zu entnehmen, daß die Leitungslänge damals 2,82 km betrug und im Jahre 1960 Uber Zähler 4.932 Kubikmeter Wasser zum Preise von 0,15 DM je Kubikmeter abgegeben wurde. Daneben war ein vierteljährlicher Pauschalbetrag von 1 DM zu zahlen. Er gab weiterhin an. daß von ca. 300 Einwohnern etwa 200 mit Wasser vom Verein versorgt wurde.

1963 lag der Verbrauch bei 7.906 Kubikmeter. 1964 bereits 9.647 Kubikmeter. Im vergangenen Jahr förderte die Anlage für insgesamt 144 Haushaitsanschlüsse rund 30.000 Kubikmeter zum Preis von 1,10 DM plus 7 % Mehrwertsteuer. Daneben ist eine Jahrespauschale von 72 DM zu zahlen.

Im Jahre 1981 wurde beim Landkreis Soltau-Fallingbostei das Wasserziehungsrecht für weitere zehn Jahre beantragt, aber nur für fünf Jahre zugebilligt. Künftig solle dann der kommunale und überregionale Wasserversorgungsverband Rotenburg, dem sich die Gemeinde Neuenkirchen angeschlossen hatte, übernehmen. Nach einigem Hin und Her reichte der Verein 1983 Klage beim Verwaltungsgericht Stade gegen den Landkreis ein. Der Verein bemühte mehrere fachkundige Rechtsanwälte. Vom Rathaus fühlte der Verein sich im Stich gelassen. Um politischen Druck zu erzeugen, holte man sich pünktlich zum beginnenden Landtagswahlkampf für den 4. Juni 1986 die amtierenden Landtagsabgeordneten Gustav Isernhagen (CDU), Dieter Möhrmann (SPD), Dietrich Wiedemann
(die Grünen) sowie von der FDP Herrn von Rosen zu einem In formations- und Diskussionsabend in den vollbesetzten Saal des Gasthauses Leverenz. Die erhoffte Wende brachte auch das nicht.

Zahlreiche Schriftsätze der Anwälte, verschiedene Gespräche mit Fachleuten und Politikern, dem Landkreis und dem Wasserversorgungsverband Rotenburg folgten. Zeitweilig ließen tiefsitzende Emotionen wenig Raum für sachliche Gespräche. Laut den vorliegenden Akten konnte Anfang Februar 1988 ein erster Durchbruch erzielt werden. Hans-Wilhelm Lüdemann, Manfred Tödter und Rechtsanwalt Dr. Rothardt aus Soltau von seiten des Vereines, Bürgermeister Heinz Söhnholz, seine Stellvertreter Rolf Baden und Wilfried Wilkens mit Gemeindedirektor Rymarczyk seitens der Gemeinde konnten sich auf eine gemeinsame Linie einigen. Bereits am 28. März 1988 wurde dann zwischen diesen beiden Seiten sowie dem beteiligten Landkreis Soltau-Fallingbostel und dem Wasservensorgungsverband Rotenburg ein Vergleich geschlossen und die Klage gegen den Landkreis zurückgezogen werden.

In dem Vergleich wurde dem Verein das Wasserziehungsrecht bis zum 31.12.2000 zugesprochen. Die Rotenburger verzichteten bis dahin auf den Anschluß der bisher versorgten Gebiete Delmsens und erhalten pro Kubikmeter vom Delmser Verein geförderten Trinkwassers 0,10DM-sozusagen als Entschädigung für entgangenen Gewinn. Neue Baugebiete in Delmsen können künftig vom Versorgungsverband Rotenburg erschlossen werden. Er tut es seither. In gut zwei Jahren läuft diese Vereinbarung aus. Wie wird es dann weitergehen?